Achtsam durch Klausurvorbereitung und Abschlussarbeit

– Die Klausurvorbereitung achtsam und resilient meistern.
Haus- und Abschlussarbeiten achtsam und resilient meistern – Ein Guide

Redaktion | 24.05.2022 | Lesedauer 5 min

Klausurvorbereitung und Abschlussarbeit achtsam meistern

Für viele Studierende ist die Prüfungszeit – gerade in den ersten Semestern – eine absolute Ausnahmesituation, die mit Stress und zahlreichen Ängsten verbunden ist. Vielleicht kennen auch Sie dieses Gefühl: Das eigene Leben scheint in der Zeit vor der Prüfung völlig ausgebremst zu werden – erst nach der Klausur bekommen Sie es wieder. Noch schlimmer ist dieses Gefühl oft bei der Abschlussarbeit, auf die schliesslich viele Semester lang hingearbeitet wird. Der Druck vonseiten der Betreuenden oder dem eigenen Umfeld und der Druck, den Sie sich selbst machen, ist hier enorm.

Nun ist es natürlich nichts Schlechtes, sich eine Zeit lang voll und ganz auf sein Lernprojekt zu fokussieren. Wenn diese Situation allerdings mit starken negativen Gefühlen einhergeht, wenn eigene Bedürfnisse zunehmend in den Hintergrund rücken, das soziale Umfeld Rücksicht nehmen muss und im schlimmsten Fall die eigene körperliche oder mentale Gesundheit leidet – dann lohnt es sich, genauer hinzusehen. Auch hier lassen sich die Tipps, die wir Ihnen in den weiteren Artikeln zum Thema Achtsamkeit an die Hand gegeben haben, anwenden. Dabei geht es darum, den eigenen Umgang mit der Prüfungssituation achtsam wahrzunehmen und Erwartungen, Ängste und Zeitmanagement zu reflektieren, um die Prüfungs- oder Abschlussphase so gut wie möglich zu überstehen.

 


Die Stresssituation wahr- und annehmen

Dass ungewohnte Situationen und Aufgaben, die das erste Mal erledigt werden, Stress auslösen, ist völlig normal. Auch ein Gefühl des Unbehagens in Anbetracht einer Prüfungssituation gehört zum Studienalltag. Nur sehr wenige Studierende sind davor gefeit. Obwohl dies eigentlich auf der Hand liegt, blenden wir diese Tatsachen in unserem Denken häufig aus. Es stellt sich das Gefühl ein, dass andere die Situation besser im Griff haben als wir. Oft nehmen wir auch gar nicht bewusst wahr, dass wir Stress haben, sondern verspüren einfach ein diffuses negatives Gefühl, das sich von simpler schlechter Laune bis hin zu ausgewachsener Panik auf zahlreiche Arten äussern kann.

Wichtig ist es in diesem Fall zunächst, Distanz zu der Situation zu gewinnen und die eigenen Stressreaktionen bewusst wahrzunehmen.

Hinweis:

Stress ist ein Zustand der Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt (Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2020)

Die Reaktionen auf Stresssituationen sind sehr individuell und nicht immer einfach zu erkennen. Mögliche Symptome sind aber z. B. körperliche Beschwerden, wie erhöhter Blutdruck, Zittern, Magen-Darm-Probleme, starke Verspannungen, Konzentrationsprobleme und Schlafstörungen, und psychische Auffälligkeiten, wie Nervosität, Angst, Aggressivität, Vergesslichkeit, Reaktionsprobleme, Panik oder Antriebslosigkeit und Veränderungen z. B. des Ess- oder Schlafverhaltens.[1]

Grundsätzlich gilt: Zunächst einmal ist Stress nicht Schlimmes, sondern eine durchaus hilfreiche Reaktion des Körpers zur Vorbereitung auf besondere Leistungen. Die Ursache für die körperlichen und geistigen Veränderungen ist dabei unter anderem das Stresshormon Cortisol, das die Leistungsfähigkeit kurzfristig erhöhen kann. Ist unser Cortisolspiegel jedoch chronisch erhöht, kann dies zu langfristigen gesundheitlichen Schäden führen. Daher sollten wir in langen Prüfungsphasen oder bei monatelangen Abschlussarbeiten ganz bewusst Gegenimpulse setzen.

Um eine Stresssituation zu erkennen und den eigenen Umgang mit der Prüfungsphase zu hinterfragen, bieten sich folgende Fragen an:

  • Habe ich das Gefühl, dass nur noch die Prüfungssituation zählt und mein Leben «pausiert»?
  • Stelle ich Veränderungen in meinem Verhalten fest? (z. B. gegenüber Mitmenschen, in meinem Schlaf- und Essverhalten)
  • Wie fühle ich mich, wenn ich an die Prüfungssituation denke bzw. wie fühle ich mich gerade? Fühle ich mich ängstlich, panisch, antriebslos, verzweifelt, überfordert etc.?
  • Wie schätze ich die Zeit ein, die mir zum Lernen/Schreiben bleibt? (zu viel, zu wenig etc.)
  • Habe ich körperliche oder psychische Beschwerden?
  • Nehme ich andere Termine nicht mehr wahr?
  • Wie empfinde ich den Kontakt mit meiner Betreuungsperson? Fühle ich mich gut aufgehoben und unterstützt? Bin ich vor Gesprächen aufgeregt?

 


Achtsamkeit durch Selbstfürsorge

Nichts bringt uns auf unserem Weg besser voran als eine Pause (Elizabeth Barrett Brownin, Dichterin)

Wenn die Stresssituation als solche erkannt ist, ist der nächste Schritt eine bewusste Anpassung des eigenen Verhaltens. Hierbei spielt Selbstfürsorge eine wichtige Rolle, also der Ansatz, bewusst etwas für das eigene körperliche und mentale Wohlbefinden zu tun. Mittlerweile haben zahlreiche Studien gezeigt, dass Selbstfürsorge u. a. in belastenden Arbeitskontexten gesundheitliche Verbesserungen erzielen und Erschöpfungssymptome nachhaltig reduzieren kann.[2] Erlaubt ist dabei alles, was Ihnen guttut!

Möglichkeiten zur Selbstfürsorge sind z. B.:

  • Die eigene Situation immer wieder reflektieren und Überlastungssymptome achtsam wahrnehmen
  • Eine optimale Nährstoff- und Wasserversorgung sicherstellen
  • Auf ausreichende Bewegung und Sport achten
  • Die Freizeit bewusst vom Lernprojekt abgrenzen und Zeit für andere Dinge einplanen (z. B. Zeit in der Natur verbringen, Freundschaften pflegen, ausreichend schlafen …)
  • Grübeln und Sorgenspiralen erkennen und stoppen
  • Den offenen Kontakt mit der Betreuungsperson suchen, Sorgen bewusst ansprechen
  • Den offenen Austausch mit anderen über die Situation suchen, aber evtl. Mitstudierende, die Negativität oder Druck in Bezug auf die Prüfungssituation verbreiten, bewusst meiden
  • Sich realistische Ziele setzen und Pausen einplanen (niemand kann z. B. 10 Stunden am Stück effizient lernen!)

 


Realistische Ziele

Sehr oft rühren negative Gefühle und Stress während der Prüfungsphase oder Abschlussarbeit auch von einem schlechten oder fehlenden Zeitmanagement her. Wenn Sie immer erst eine Woche vor Abgabe mit der Bearbeitung anfangen, ist es natürlich kein Wunder, dass in dieser begrenzten Zeit Ihr Leben Kopf steht und Sie sich keine freie Minute mehr gönnen können. Um unnötigen Stress zu vermeiden, empfehlen sich daher ein gutes und vor allem achtsames Zeitmanagement und die Festlegung realistischer und konkreter Ziele. Es wurde wissenschaftlich belegt, dass klar ausformulierte und im Idealfall schriftlich fixierte Ziele unsere Erfolgswahrscheinlichkeit drastisch erhöhen können.[3] Zudem kann uns eine realistische Zielfestlegung – im Idealfall mit mehreren konkreten Teilschritten – dabei helfen, unsere Arbeit sinnvoll zu strukturieren und Überlastungen zu vermeiden.

Prokrastination

Woher kommt die Schreibblockade und das Aufschieben?

Was hilft gegen Prokrastination?

Prokrastination überwinden

Folgendes Beispiel soll das verdeutlichen:

«Ich möchte diese Woche so viel wie möglich für meine Abschlussarbeit schreiben.»

vs.

«Ich möchte bis zum Ende der Woche Kapitel 4 fertigstellen und 20 konkrete Literaturangaben für das nächste Kapitel sammeln. Ausserdem vereinbare ich einen Termin mit meiner Betreuungsperson, um Frage X zu besprechen.»

Die zweite Zielfestlegung funktioniert fast wie eine To-Do-Liste und es ist zudem schon viel klarer, womit Sie im Hinblick auf Ihre Arbeit beginnen müssen.

Auch, wenn es vielleicht ein bisschen spiessig klingt: Bei der Zeitplanung und der Festlegung Ihrer Ziele können die Vorgaben Ihrer Universität eine grosse Hilfe sein. Wenn für eine Bachelorarbeit 300 Stunden Workload bei einer Bearbeitungszeit von drei Monaten eingeplant sind, können Sie sich daran sehr gut orientieren. Wenn Sie die Bearbeitungszeit voll ausnutzen möchten, kommen Sie damit auf eine Wochenarbeitszeit von 25 Stunden. Dabei sollte also immer noch genug Zeit für soziale Kontakte, Sport und gesunde Ernährung bleiben. Ausserdem macht diese Zahl auch deutlich, dass selbst für ein sehr gutes Ergebnis eigentlich keine jahrelange intensive Beschäftigung mit dem Thema von ihnen erwartet werden kann. Der gleiche Tipp gilt auch für die Klausurvorbereitung – hier können Sie sogar während des Semesters schon vorarbeiten, um der Prüfungsphase dann weniger negativ entgegenzusehen.

 


Weiterführende Literatur

  • Bauer, M. J.; Seppelfricke, T. (Hg.) (2020): Stress im Studium – Stressempfinden und Stressbewältigung bei Studierenden. München: Utz Verlag.
  • Blitz, E. (2009): Keine Sorge – Selbstfürsorge: Vom achtsamen Umgang mit sich selbst. Tübingen: DGVT Verlag.
  • Endemann, C. (2019): Stress bewältigen – entspannt studieren. Stuttgart: UTB Verlag.
  • Reichert, T. (2019): Das Prinzip Selbstfürsorge: Wie wir Verantwortung für uns übernehmen und gelassen und frei leben. Roadmap für den Alltag. München: Kösel Verlag.
  • Ufert, D. (2015). Schlüsselkompetenzen im Hochschulstudium. Stuttgart: UTB Verlag.

 


Verwendete Literatur