Forschungsdesign einer Bachelorarbeit

Lesen Sie, wie ein Forschungsdesign im engeren und weiteren Sinne definiert ist und welche Ansprüche an ein schlüssiges Forschungsdesign einer Bachelorarbeit gestellt werden.

Redaktion | 26.08.2022 | Lesedauer 7 min

Vor Beginn der eigentlichen Arbeit an einer Bachelorarbeit sind einige Vorüberlegungen zu treffen. Meist beginnt eine solche Arbeit mit einem diffusen Erkenntnisinteresse. Dieses Interesse, das häufig Bezüge zur eigenen Lebenswelt hat, muss anschliessend in Form einer konkreten Fragestellung präzisiert werden. Ist die Fragestellung formuliert, so dient das Forschungsdesign im weiteren Verlauf der Konzeptualisierung der Untersuchung. Bereits das Exposé einer Bachelorarbeit enthält daher ein nachvollziehbares Forschungsdesign, das sich zur Beantwortung der Forschungsfrage eignen muss.

Die Ausarbeitung des Forschungsdesigns sollte daher nicht als lästige Pflichtübung betrachtet werden. Vielmehr strukturiert es bereits grosse Teile der Bachelorarbeit und erleichtert damit alle folgenden Schritte. Das Forschungsdesign ist das Grundgerüst für die detaillierte Verschriftlichung und hilft bei der Planung des zeitlichen und methodischen Aufwands, sodass es auch im eigenen Interesse durchdacht werden sollte.

Strikte Vorgaben für die Länge des Kapitels zum Forschungsdesign existieren nicht. Wichtiger als die Textmenge des Kapitels sind ohnehin der Inhalt und ein schlüssiges Gesamtkonzept. Angesichts des Umfangs einer Bachelorarbeit, die in der Regel 30 bis 50 Textseiten umfasst, sollten gegebenenfalls nicht mehr als 1 bis 2 Seiten auf die Beschreibung des Forschungsdesigns fallen. Im Exposé fällt der Umfang normalerweise geringer aus, da dieses insgesamt nur wenige Seiten umfasst. Ein klärendes Gespräch mit den betreuenden Personen kann dazu beitragen, mögliche Unsicherheiten im Hinblick auf den Umfang zu minimieren.

Der Umfang einer Bachelorarbeit, der im Vergleich zu Masterarbeiten und Dissertationen deutlich geringer ausfällt, sollte ausserdem Anlass sein, die Forschungsfrage sehr eng zu begrenzen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass man dem gewählten Thema nur eingeschränkt gerecht wird. Eine Forschungsfrage wie „Inwiefern hängt die Wahl einer rechtspopulistischen Partei vom sozioökonomischen Status einer Person ab?“ ist also in einer Bachelorarbeit besser zu handhaben als eine diffuse Frage wie „Welche individuellen Merkmale beeinflussen die Wahl einer populistischen Partei?“.

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Ausgangspunkt für eine prägnante Forschungsfrage kann eine theoretische Vorannahme sein. Im Sinne einer klaren Abgrenzung des Forschungsfeldes dürfte ein deduktiver Ansatz daher für eine Bachelorarbeit meist besser geeignet sein als ein induktives Vorgehen. Induktive Ansätze erfordern schliesslich eine Auseinandersetzung mit grossen (meist nicht numerischen) Datenmengen, wobei sich der entsprechende Analyseaufwand auch in der Verschriftlichung widerspiegelt.

Wie ist das Forschungsdesign nun definiert? In einem engeren Sinne meint das Forschungsdesign die Planung einer Untersuchung beispielsweise in Form einer Korrelationsstudie, Ex-post-facto-Studie (in Form einer Quer- oder Längsschnittstudie) oder einer experimentellen Untersuchung. Bereits diese grobe Differenzierung ist für kausale Aussagen im Sinne von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zentral.

Bezüglich der Art der Forschung kann bspw. zwischen hypothesentestenden, explorativen, deskriptiven, prognostischen oder evaluierenden Untersuchungen differenziert werden, wobei nicht zwangsläufig empirisch gearbeitet werden muss. In einem weiteren Sinne umfasst das Forschungsdesign die Konzeption der gesamten Untersuchung, sodass ein stimmiger und nachvollziehbarer Ablauf der Forschung deutlich wird. Besondere Relevanz hat das Forschungsdesign bei (qualitativ oder quantitativ) empirischen Arbeiten.

 


Forschungsdesign bei qualitativen Untersuchungen

Die Anforderungen an die weitere Beschreibung des Studiendesigns orientieren sich auch an der Frage, ob ein qualitativer oder quantitativer Ansatz verfolgt wird. Gerade im Falle von qualitativen Untersuchungen ist oft unklar, welche Kriterien an das Forschungsdesign gelegt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass qualitative Projekte selten linear nach einer fixen Abfolge, sondern iterativer, das heisst mit mehr wiederholenden Elementen verlaufen.

Üblicherweise ist die Beschreibung eines Forschungsdesigns mit qualitativen Elementen daher im Vergleich zu rein quantitativen Elementen umfangreicher. Das kann für den Forschungsprozess beispielsweise bedeuten, dass das Kategoriensystem vor der Datenanalyse nicht endgültig festgelegt, sondern immer wieder überarbeitet wird. Grundsätzlich bestehen daher verschiedene Möglichkeiten der Strukturierung, zum Beispiel in chronologischer oder narrativer Form. Da also allein die Beschreibung des Forschungsdesigns im Falle qualitativer Untersuchungen mehr Raum einnimmt als bei anderen Untersuchungsformen, ist ein qualitativer Ansatz für Bachelorarbeiten dann geeignet, wenn ein höherer Umfang gefordert ist.

Ein wesentlicher Bestandteil des Forschungsdesigns betrifft die Beschreibung der Untersuchungsobjekte oder Datenquellen. Werden beispielsweise Experteninterviews geführt, so sind die Untersuchungsobjekte die Personen, mit denen die Interviews geführt werden. Denkbar ist aber auch die Analyse von Zeitungsartikeln, welche in diesem Fall ebenfalls als Untersuchungsobjekte dienen. In beiden Fällen ist die begründete Anzahl der Untersuchungsobjekte zu benennen.

Zudem sollte der Rekrutierungs- bzw. Selektionsprozess beschrieben werden, aus dem schliesslich das Analysematerial resultiert. Welche Sampling-Methode dient der Selektion der Teilnehmenden und welche Konsequenzen ergeben sich für die Reichweite der Untersuchung? Wurden die befragten Personen per Telefon oder E-Mail kontaktiert? Wurden bestimmte Incentives oder Aufwandsentschädigungen für die Teilnahme an der Studie angeboten? Haben sich die Teilnehmenden mit der Aufzeichnung und Verarbeitung ihrer Äusserungen einverstanden erklärt? Wie verlief der systematische Suchprozess zur Identifikation von Textdateien oder anderen Medien und welche Ein- und Ausschlusskriterien wurden festgelegt? Wie viele Untersuchungsobjekte sind im Laufe des Projektes aus welchen Gründen herausgefallen?

Werden Daten an Personen erhoben, so ist ebenfalls das Vorwissen oder die Erfahrung der Teilnehmenden im Hinblick auf die Forschungsfrage zu beschreiben. Anzugeben sind auch demografische Informationen wie Alter, Geschlecht und kultureller Hintergrund. Auch das Verhältnis zwischen Teilnehmenden und Forschendem sollte beschrieben werden, da qualitative Untersuchungen zum Beispiel regelmässig im Umfeld des eigenen Unternehmens durchgeführt werden. Wichtig ist auch, in welcher Form die Datenerhebung stattfand, beispielsweise als Interview oder Beobachtung mit offenen und/oder geschlossenen Fragen. In welchem Setting fand die Datenerhebung statt und waren weitere Personen anwesend? Wie lange dauerte die Datenerhebung mindestens, höchstens und im Schnitt?

Wird Datenmaterial untersucht, so müssen die Charakteristiken der Datenquellen erläutert werden, da diese die Datenbeschaffenheit beeinflussen können. So bestehen etwa grosse charakteristische Unterschiede zwischen Sitzungsprotokollen aus Bundestagssitzungen und Kommentaren einer Tageszeitung. Zudem ist die Quelle der Daten offenzulegen, sofern es sich um öffentlich zugängliches Material handelt. Aus dieser Beschreibung folgen möglicherweise spezifische Schlüsse für die Generalisierbarkeit der Untersuchung.

Schliesslich sollten im Hinblick auf die Analysestrategien die Zwecke gewählter Methoden und Prozeduren beschrieben werden. Bei der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ist zum Beispiel die Beschreibung des Kategorienschemas fundamental. Zu welchen Teilen ist das Codeschema zuvor festgelegt, zu welchen Teilen findet die Entwicklung der Kategorien erst während der Analyse statt? Dienen Absätze, einzelne Sätze oder Teilsätze als Analyseeinheit? Welche Software wird für die Auswertung verwendet? Hinweise für die vollständige Beschreibung des Forschungsdesigns finden sich auch in der entsprechenden Methodenliteratur, unter anderem in den Publikationen von Mayring.

Quantitative Forschung
Forschung

Ratgeber zur quantitativen Forschung

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Quantitative Forschung

Forschungsdesign bei quantitativen Untersuchungen

Auch im Falle quantitativer Arbeiten sind vor dem Forschungsprozess einige Entscheidungen zu treffen, die in ein spezifisches Forschungsdesign münden. Das Forschungsdesign geht darauf ein, wie die in der Regel theoretisch abgeleitete Forschungsfrage empirisch untersucht wird. Aufgrund des eher linearen Ablaufs eines quantitativen Ansatzes lassen sich hier einfacher strukturelle Empfehlungen als bei einem qualitativen Verfahren umsetzen. Da die Beschreibung des Forschungsdesigns bei quantitativen (und in der Regel deduktiv charakterisierten) Verfahren übersichtlicher ausfällt, lassen sich quantitative Ansätze auch bei Bachelorarbeiten mit geringerem Umfang umsetzen.

Bereits vor einer detaillierten Auseinandersetzung mit dem Forschungsdesign sollte man sich einige grundlegende Fragen stellen, die die spätere Ausarbeitung vereinfachen. So ist zunächst relevant, in welchem Zeitraum oder zu welchem Zeitpunkt bestimmte Indikatoren erhoben werden sollen. Daran schliesst sich die Festlegung der Messinstrumente. Möglicherweise sollen Messungen auch wiederholt werden, um zeitliche Vergleiche anzustellen (zum Beispiel in einer Trend- oder Längsschnittstudie). Zentral ist auch die Bestimmung der Objekte, an denen die Messung erfolgen soll.

Ähnlich wie bei qualitativen Untersuchungen ist zunächst der Sampling-Prozess wichtig. Wurde eine bestimmte Sampling-Methode oder ein systematischer Plan zur Abdeckung einer Grundgesamtheit umgesetzt? Kam es zu Selbstrekrutierungseffekten, zum Beispiel im Falle von Onlineumfragen? Welche Ein- und Ausschlusskriterien galten bei der Stichprobenziehung? Welche Schlüsse für die Reichweite der Aussagen ergeben sich in der Folge? In welchem Setting oder Modus sollen die Daten erhoben werden (beispielsweise in der Fussgängerzone, via selbst administrierter Onlineumfrage) und in welchem Zeitraum erfolgt die Erhebung?

Mit Blick auf den Stichprobenumfang ist neben der angestrebten Stichprobengrösse das tatsächlich realisierte Sample zu quantifizieren, etwa weil ausgewählte Personen nicht an der Erhebung teilnehmen konnten oder wollten. Zur Bestimmung des Stichprobenumfangs gehören auch eine Poweranalyse oder andere Methoden, um die Präzision der Schätzungen zu ermitteln.

Steht die Stichprobengrösse fest, so sollten die wichtigsten demografischen Kennzahlen der befragten Personen vorgestellt werden. Hierzu gehören mindestens Alter, Geschlecht und der sozioökonomische Status der befragten Personen, themenspezifisch aber gegebenenfalls auch gemessene Scores bestimmter Tests und Instrumente. Auch bei quantitativen Untersuchungen sollte offengelegt werden, welche Vereinbarungen mit den Teilnehmenden unter anderem über Kompensationen getroffen wurden.

Bestandteile eines quantitativen Forschungsdesigns sind auch die verwendeten Instrumente, Messungen und Outcomes. Wurden beispielsweise bestimmte psychometrische Instrumente eingesetzt? Wie wurde die Qualität der Messungen sichergestellt oder gesteigert (Stichworte Gütekriterien und Reliabilität)?  Ein besonderes Augenmerk könnte auch auf dem Umgang mit ethisch sensiblen Themen liegen, etwa wenn junge Erwachsene über traumatische Erlebnisse befragt werden.

Ein analoges Vorgehen empfiehlt sich ebenso bei einer quantitativen Analyse von Sekundärdaten oder Datensätzen, die mithilfe eigener Recherchen zusammengetragen wurden. So muss auch in diesem Fall eine begründete Beschreibung des Selektionsprozesses sowie eine Charakterisierung der Daten erfolgen.

Qualitative Forschung
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Qualitative Forschung
Zusammenfassung

Forschungsdesign einer Bachelorarbeit

Hinweis

Die Elemente des Forschungsdesigns orientieren sich an den konkreten Erfordernissen des jeweiligen Projektes. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit

Zentrale Aspekte eines empirischen Forschungsdesigns

Beschreibung des Forschungsgegenstandes und Begründung des Forschungsdesigns im engeren Sinne (z. B. Querschnittsstudie in Form einer Onlineumfrage)
Durchführung der Datenerhebung
  • Definition der Grundgesamtheit und der Untersuchungseinheiten
  • Sampling-Prozess und -Methoden, Einschlusskriterien, Ausschlusskriterien
  • Rekrutierungsprozess (Kontaktwege, Kompensationen) bzw. Suchprozess zur Lokalisierung von Daten
  • Festlegung einer angestrebten und Nennung der realisierten Anzahl der Teilnehmenden / der Dokumente, ggf. Änderungen im Projektverlauf
  • Demografische Informationen der Teilnehmenden/Charakteristiken der Datenquellen
  • Form der Datenerhebung (z. B. Interviews, Beobachtungen, standardisierte Umfrage)
  • Setting, Kontext, Dauer und ggf. Wiederholungen der Datenerhebung
  • Charakterisierung der Frageform (z. B. offen, geschlossen) bzw. Festlegung von Messungen und Outcomes
Analyseverfahren
  • Zweck der Methoden und Prozesse der Analyse
  • Detaillierte Beschreibung der (statistischen) Analysemethoden und -prozesse
  • Entstehung des Kategorienschemas und Ablauf des Kodierungsprozesses, Festlegung der Analyseeinheiten (qualitativ)
  • Verwendete Software

 

Weiterführende Literatur:

American Psychological Association (APA) (2019). Publication Manual of the American Psychological Association, 7th Edition (2020). American Psychological Association.
Baur, N., Blasius, J. (Hrsg.) (2014). Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung. Wiesbaden: Springer.
Mayring, P. (2016). Einführung in die qualitative Sozialforschung. Weinheim, Basel: Beltz.