BCG Matrix – Boston Consulting Group Matrix erklärt

Die BCG Matrix ist auch als Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio bekannt und bietet Normstrategien für Geschäftssegmente in vier verschiedenen Kategorien.

Christiane | erstellt 24.09.2021 | 16.08.2024 | Lesedauer 3 min

Boston Consulting Group Matrix

„A company should have a portfolio of products with different growth rates and different market shares. The portfolio composition is a function of the balance between cash flows … Margins and cash generated are a function of market share.“
– Bruce Henderson,
„The Product Portfolio“, 1970

Die BCG Matrix

Die BCG Matrix, benannt nach der Unternehmensberatung Boston Consulting Group, die das Instrument entwickelt hat, zählt zu den Portfolioanalysemethoden. Ein weiterer Name für die BCG Matrix lautet dementsprechend Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio. Bei einer Portfolioanalyse geht es um die Bewertung strategischer Geschäftseinheiten (SGE) eines Unternehmens, also etwa um die vom Unternehmen angebotenen Produkte und die vom Unternehmen bearbeiteten Marktsegmente.

Die Portfolioanalyse und Interpretation soll Aufschluss darüber geben, ob sich die vom Unternehmen angebotenen Produkte noch in einer lohnenden Marktposition befinden oder ob strategische Anpassungen notwendig sind. Im Ergebnis stellt die BCG Matrix eine Entscheidungshilfe für die mittel- bis langfristige strategische Planung insbesondere in Bezug auf die Zusammensetzung des Produktportfolios und die damit einhergehende Verwendung der Ressourcen eines Unternehmens dar.

Boston Consulting Group Matrix:
BCG Matrix aka Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio

Der Aufbau der BCG Matrix

Die Boston Consulting Group Matrix ist als Koordinatensystem aufgebaut, das aus vier Quadranten besteht. Auf der x-Achse wird der relative Marktanteil von niedrig bis hoch abgebildet, auf der y-Achse das Marktwachstum, ebenfalls von niedrig bis hoch. Der Marktanteil wird dabei in Relation zu dem wichtigsten Konkurrenzunternehmen ermittelt. Das Marktwachstum errechnet sich aus dem aktuellen Marktvolumen der jeweiligen strategischen Geschäftseinheit im Vergleich zum Marktvolumen des vorherigen Betrachtungszeitraums, etwa dem Vorjahr. Indem beide Achsen bei der Hälfte der auf ihnen dargestellten Werte unterteilt werden, ergeben sich in dem Koordinatensystem die vier Quadranten der BCG Matrix. In Abhängigkeit ihres relativen Marktanteils und ihres Marktwachstums können die strategischen Geschäftseinheiten des Unternehmens nun in diesen vier Feldern platziert werden. Die Darstellung erfolgt in der Regel in Form von Kreisen, deren Grösse je nach Umsatz der jeweiligen strategischen Geschäftseinheit variiert.

Exemplarische Boston Consulting Group Matrix mit verschiedenen strategischen Geschäftseinheiten 

Boston Consulting Group Matrix

Normstrategien BCG Matrix

Die Auswertung & Interpretation der BCG Matrix

Für die Interpretation der BCG Matrix ergeben die vier Felder des Koordinatensystems in Verbindung mit dem jeweiligen Umsatz die folgenden vier Kategorien mit den dazugehörigen Normstrategien:

Stars:
Als Stars werden Produkte mit einem hohen relativen Marktanteil und einem hohen Marktwachstum bezeichnet. Meist handelt es sich um neue Produkte in der Wachstumsphase, die Marktführer in ihrem jeweiligen Segment sind. Die Normstrategie sieht daher vor, in diese Produkte weiterhin zu investieren, um die vorteilhafte Positionierung zu halten und diese wenn möglich auszubauen. Der Cashflow der Stars ist so hoch, dass die Investitionen daraus gedeckt werden können.

Question Marks:
Bei diesen Produkten ist noch unklar, wie sie sich in Zukunft entwickeln, da sie zwar ein hohes Marktwachstum verzeichnen, allerdings mit einem niedrigen relativen Marktanteil. Analog zu den Stars sind Question Marks meist neue Produkte, die zwar einen wachsenden Markt bedienen, jedoch anders als Stars keine Marktführer sind, sondern einen niedrigeren Marktanteil als Konkurrenzunternehmen aufweisen. Question Marks befinden sich damit in der Einführungsphase ihres Produktlebenszyklus. Sie können sich entweder positiv zu Stars oder negativ zu Poor Dogs entwickeln. Um die Entwicklung voranzutreiben, sind mitunter hohe Investitionen erforderlich, die jedoch noch nicht aus ihren eigenen Gewinnen finanziert werden können. Die Normstrategie lautet daher selektieren, das heisst, Investitionen werden nur in solche Question Marks getätigt, die ein Star-Potenzial haben, andere Produkte werden ausgelistet.

Cash Cows:
Produkte in dieser Kategorie weisen ebenfalls einen hohen relativen Marktanteil auf, jedoch nur ein geringes oder gar kein Marktwachstum, das heisst, Cash Cows sind Produkte, die sich in der Reife- bzw. Sättigungsphase befinden. Als Normstrategie wird empfohlen, die Produkte zu halten und so lange zu „melken“ bzw. abzuschöpfen, bis sie keine signifikanten Gewinne mehr abwerfen. Sie generieren aktuell einen hohen und stabilen Cashflow, der jedoch grösstenteils für Investitionen in Question Marks oder Stars genutzt wird, da die Cash Cows selbst keine hohen Investitionen mehr benötigen, um ihre Marktpositionierung halten zu können.

Poor Dogs:
Diese Produkte sind durch einen niedrigen relativen Marktanteil sowie ein stagnierendes oder negatives Marktwachstum charakterisiert, das heisst, sie generieren nicht mehr ausreichend hohe Gewinne, um sich selbst finanzieren zu können und befinden sich damit in der letzten Phase ihres Lebenszyklus. Als Normstrategie wird daher auf die Desinvestition gesetzt. Hierbei wird das Produkt nicht mehr hergestellt bzw. die Leistung nicht mehr angeboten, die finanziellen Mittel werden abgezogen und ggf. in andere Bereiche investiert.

Relativer Marktanteil niedrig Relativer Marktanteil hoch
Marktwachstum hoch Question Marks

Normstrategie:
Selektieren, entweder mit hohen Investitionen ausbauen oder mit Desinvestition abstossen

Stars

Normstrategie:
Ausbauen und halten, mit hohen Investitionen

Marktwachstum niedrig Poor Dogs

Normstrategie:
Abstossen,
mit Desinvestition

Cash Cows

Normstrategie:
Abschöpfen und halten, mit niedrigen Investitionen

Die vier Kategorien der Boston Consulting Group Matrix

Die Anwendung der BCG Matrix

Die BCG Matrix stellt mit ihren vier Kategorien und den dazu passenden Normstrategien eine Verbindung zum Lebenszyklusmodell her: Produkte oder auch Marktsegmente, die das Unternehmen bedient, sind nach dem Modell der BCG Matrix zunächst Question Marks, können sich dann zu Stars entwickeln, die zu Cash Cows werden und am Ende ihres Lebenszyklus als Poor Dogs enden können. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass dieser Verlauf idealtypisch ist und es durchaus zu Ausnahmen kommen kann. Eine weitere Einschränkung der Aussagekraft liegt in dem Umstand begründet, dass mit dem relativen Marktanteil und dem Marktwachstum nur zwei Kriterien zur Bewertung herangezogen werden und etwaige Synergieeffekte innerhalb des Portfolios dabei unberücksichtigt bleiben. Dennoch ist die Boston Consulting Group Matrix ein geeignetes Instrument, um die derzeitige Marktpositionierung der einzelnen strategischen Geschäftseinheiten eines Unternehmens übersichtlich darzustellen und einen eventuellen Anpassungsbedarf zu ermitteln. Damit kann sie dazu genutzt werden, im Hinblick auf die zukünftige Zusammensetzung des Portfolios zu entscheiden,

  • wie die Ressourcen entsprechend der jeweiligen Lebensphase der strategischen Geschäftseinheiten verteilt werden sollten,
  • welche strategischen Geschäftseinheiten ausgebaut, gehalten, abgeschöpft oder eliminiert werden sollten und
  • welche Märkte ein hohes Wachstum aufweisen und daher bearbeitet werden sollten.

Mithilfe der Boston Consulting Group Matrix kann das Angebotsportfolio eines Unternehmens damit nicht nur in seiner jetzigen Kombination und Positionierung abgebildet und evaluiert werden, darüber hinaus kann aus der BCG Matrix interpretiert werden, ob das Portfolio zukunfts- und wettbewerbsfähig ist, wo Schwächen im Portfolio liegen sowie ob, in welcher Höhe und in welcher strategischen Geschäftseinheit Investitionen getätigt werden sollten. Voraussetzung dafür ist die genaue Abgrenzung des relevanten Marktes, um die strategischen Geschäftseinheiten auch exakt den vier Kategorien der BCG Matrix zuordnen zu können.

Praxisbeispiele für die Boston Consulting Group Matrix

Unternehmen nutzen die BCG Matrix, um strategische Entscheidungen zu treffen.

Ein bekanntes Beispiel ist Apple, das die Matrix verwendet, um seine Produktpalette zu optimieren. „Stars“ wie das iPhone werden stark gefördert, während „Cash Cows“ wie der Mac stabile Einnahmen liefern. „Question Marks“ wie die Apple Watch wurden in ihrer Anfangsphase intensiv beobachtet und entwickelt. „Dogs“ hingegen, wie der iPod, wurden nach und nach eingestellt, da sie nicht mehr zum Wachstum beitrugen.

Auch in anderen Branchen findet die BCG Matrix Anwendung:

Lebensmittelindustrie:
Nestlé behandelt seinen Kaffeebereich (z. B. Nespresso) als „Star“, während traditionelle Produkte wie Maggi-Würze als „Cash Cows“ fungieren.

 

Unterhaltungsbranche:
Bei Disney könnte Disney+ als „Star“ betrachtet werden, da es schnelles Wachstum und hohe Marktanteile im Streaming-Bereich verzeichnet. Die Themenparks fungieren als „Cash Cow“, da sie stabile Einnahmen generieren. Neue Filmfranchises oder Serienkonzepte könnten als „Question Marks“ eingestuft werden, da ihr Erfolg zunächst ungewiss ist. Ältere, weniger erfolgreiche Marken oder Formate, die nicht mehr zum Unternehmenswachstum beitragen, könnten als „Dogs“ kategorisiert werden.

Automobilindustrie:
Bei Volkswagen könnte der ID.3 als „Question Mark“ gelten, während der Golf eine „Cash Cow“ darstellt.

 

Ghostwriting-Branche:
Für die Ghostwriting Agentur ACAD WRITE stellen Doktorarbeiten die „Stars“ dar, Master- und Bachelorarbeiten sind die „Cash Cows“, b2b-Leistungen die aspirierenden „Question Marks“ und Diplomarbeiten die „Poor Dogs“.

Boston Consulting Group Matrix
BCG Classics Revisited

The Growth Share Matrix

Lesen Sie mehr auf der Seite der Boston Consulting Group.

BCG Growth Share Matrix

Digitale Anpassung der BCG Matrix

In der digitalen Ära müssen Unternehmen die BCG Matrix anpassen, um den schnellen Marktveränderungen gerecht zu werden. Produkte und Dienstleistungen durchlaufen heute kürzere Lebenszyklen, was eine häufigere Überprüfung der Positionierung in der Matrix erfordert. Zudem können digitale Geschäftsmodelle die klassischen Kategorien verwischen, da viele digitale Produkte sowohl „Question Marks“ als auch „Stars“ sein können, abhängig von ihrer Innovationskraft und Marktakzeptanz. Unternehmen müssen daher agil bleiben und die BCG Matrix regelmässig aktualisieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Kritische Betrachtung der BCG Matrix

Trotz ihrer Popularität hat die Boston Consulting Matrix auch Schwachstellen:

  1. Vereinfachung:
    Die Matrix reduziert komplexe Marktdynamiken auf zwei Dimensionen, was zu Fehleinschätzungen führen kann.
  2. Statische Betrachtung:
    In schnelllebigen Märkten kann die Matrix schnell veralten, wenn sie nicht ständig aktualisiert wird.
  3. Fokus auf Wachstum:
    Die starke Betonung des Marktwachstums vernachlässigt andere wichtige Faktoren wie Kundenzufriedenheit oder Nachhaltigkeit.
  4. Schwierige Abgrenzung:
    In der Praxis ist es oft nicht einfach, Geschäftseinheiten klar voneinander abzugrenzen und eindeutig zu kategorisieren.

Unternehmen sollten die BCG Matrix daher als eines von mehreren Werkzeugen zur strategischen Planung betrachten und ihre Erkenntnisse durch weitere Analysen ergänzen.

Tiefergehende Informationen rund um die Boston Consulting Group Matrix und das strategische Management finden Sie etwa in den folgenden Quellen:

  • Bea, Franz Xaver & Haas, Jürgen (2019): Strategisches Management. 10., überarbeitete Aufl., Stuttgart: utb GmbH.
  • Homburg, Christian (2020): Marketingmanagement. 7., überarbeitete und erweiterte Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.
  • Hungenberg, Harald (2014): Strategisches Management in Unternehmen. 8., aktualisierte Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.
  • Lippold, Dirk (2020): Die 75 wichtigsten Management- und Beratungstools. Berlin, Boston: Walter de Gruyter GmbH.
  • Welge, Martin K., Al-Laham, Andreas & Eulerich, Marc (2017): Strategisches Management. 7., überarbeitete und aktualisierte Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.
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