Christiane | 31.10.2021 | Lesedauer 5 min

Der Begriff der Strategie stammt ursprünglich aus dem militärischen Bereich und fand erst im Laufe des 20. Jahrhunderts Einzug in die Wirtschaftswissenschaften. In der BWL wurde der Begriff zunächst in der Spieltheorie verwendet, und zwar im Sinne eines Plans, bei dem ein:e Spieler:in – wie beim Schachspiel – die eigenen möglichen Spielzüge sowie die möglichen Spielzüge der Gegner antizipiert, um darauf basierend in jeder möglichen Spielsituation den passenden Spielzug auswählen zu können. In den 1960er-Jahren wurde dieses strategische Denken dann schliesslich in einen unternehmerischen Kontext überführt, um den Herausforderungen, die sich aus einer komplexen Umwelt ergeben, proaktiv begegnen zu können. Vor diesem Hintergrund kann Strategie definiert werden als ein Plan, in dessen Rahmen Massnahmen entwickelt werden, die der Realisierung der zuvor definierten langfristigen Unternehmensziele dienen.

Zur Abgrenzung strategischer Entscheidungen von anderen unternehmerischen Entscheidungen kann auf die folgenden Merkmale von Strategien zurückgegriffen werden:

  • Die Strategie leitet sich ab aus den übergeordneten Unternehmenszielen, die sich wiederum aus der Unternehmensvision ergeben.
  • Die Strategie steht hierarchisch über den taktischen und operativen Elementen der Unternehmensorganisation, sodass Strategieentwicklung und Strategieumsetzung in der Unternehmensführung angesiedelt sind.
  • Strategien sind langfristig ausgelegt, das heisst, sie geben die anvisierte zukünftige Entwicklung eines Unternehmens vor.
  • Strategien beinhalten Massnahmenbündel zur Zielerreichung und weisen die unternehmerischen Ressourcen zu.
  • Strategien setzen das Unternehmen in Beziehung mit seiner Umwelt: Mithilfe von Strategien sollen interne und externe Erfolgspotenziale erkannt und genutzt werden.
  • Strategien sind wie die Umwelt, in die das Unternehmen eingebettet ist, nicht statisch, sondern dynamisch, das heisst, Strategien können an sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst werden.
  • Die mit einer Strategie erarbeiteten Massnahmen und Entscheidungen sind interdependent miteinander verwoben, das heisst, sie stehen in verschiedenen Wechselwirkungen zueinander.

Strategien sollen den Erfolg und das Überleben von Unternehmen langfristig und nachhaltig sichern. Dies ist auf verschiedene Arten möglich, sodass auch verschiedene Arten von Strategien existieren, von denen in der folgenden Tabelle die gebräuchlichsten genannt sind.

Kriterium zur Klassifikation Bezeichnung der Strategie
Organisatorischer Geltungsbereich
  • Unternehmensstrategien
  • Geschäftsbereichsstrategien
  • Funktionsbereichsstrategien
Unternehmerischer Funktionsbereich
  • Absatzstrategien
  • Beschaffungsstrategien
  • Finanzierungsstrategien
  • Forschungs- und Entwicklungsstrategien
  • Investitionsstrategien
  • Personalstrategien
  • Produktionsstrategien
Strategische Stossrichtung

 

  • Schrumpfungsstrategien
  • Stabilisierungsstrategien
  • Wachstumsstrategien
Marktverhalten
  • Angriffsstrategien
  • Verteidigungsstrategien
Regionaler Geltungsbereich
  • Lokale Strategie
  • Nationale Strategie
  • Internationale Strategie
  • Globale Strategie
Grad der Autonomie
  • Autonomiestrategie
  • Kooperationsstrategie
  • Integrationsstrategie
Produkte und Märkte
  • Diversifikationsstrategie
  • Marktdurchdringungsstrategie
  • Marktentwicklungsstrategie
  • Produktentwicklungsstrategie
Wettbewerbsvorteil

 

  • Strategie der Kostenführerschaft
  • Strategie der Leistungsführerschaft
  • Strategie der Konzentration

Arten von Strategien (Darstellung in Anlehnung an Bea & Haas, 2019: Strategisches Management, S. 187; Welge, Al-Laham & Eulerich, 2017: Strategisches Management, S. 468)

Nachfolgend sollen exemplarisch die Produkt-Markt-Strategien und die Wettbewerbsstrategien vorgestellt werden.


Produkt-Markt-Strategien

Die Produkt-Markt-Strategien wurden von Harry Igor Ansoff entwickelt, einem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler, und stellten in den 1960er-Jahren einen ersten Versuch dar, Strategien zu systematisieren. Ansoff ging dabei der Frage nach, was ein Unternehmen wem anbieten sollte, um langfristig erfolgreich sein zu können. Das «Was» bezieht sich auf das Produkt, das Wem auf den Markt. Sowohl in Bezug auf das Produkt als auch in Bezug auf den Markt unterscheidet Ansoff nach bestehenden und nach neuen Produkten bzw. Märkten.

Bestehende Produkte Neue Produkte
Bestehende Märkte Marktdurchdringung Produktentwicklung
Neue Märkte Marktentwicklung Diversifikation

Die Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff (Darstellung in Anlehnung an Bea & Haas, 2019: Strategisches Management, S. 186)

 

Daraus ergeben sich vier mögliche Produkt-Markt-Kombinationen, die zu den folgenden Strategien führen:

  • Die Marktdurchdringungsstrategie bietet sich an, wenn ein Unternehmen auf einem Markt, der bereits bearbeitet wird, mit einem bestehenden Produkt seine Marktposition verbessern möchte. Zur Steigerung des Marktanteils oder der Wachstumsraten kann der bisherige Marketingmix angepasst werden, etwa durch eine gezieltere Werbekampagne, durch Preisnachlässe oder durch eine Differenzierung zu Konkurrenzprodukten.
  • Die Marktentwicklungsstrategie kann angewendet werden, wenn mit bestehenden Produkten neue Märkte erschlossen werden sollen, die das Unternehmen bisher gar nicht oder nicht mit dem jeweiligen Produkt bearbeitet hat. Die Marktentwicklung kann zum einen geografisch erfolgen, das heisst, das Unternehmen expandiert national, international oder global. Zum anderen kann sich eine Marktentwicklung auch auf bisher nicht bearbeitete Marktsegmente beziehen, zum Beispiel wenn das Unternehmen neue Zielgruppen ansprechen möchte.
  • Bei der Produktentwicklungsstrategie werden neue Produkte auf bestehenden Märkten eingeführt. Dies umfasst sowohl Produktinnovationen als auch Produktdifferenzierungen, etwa über neue Eigenschaften oder über neue Varianten des bisherigen Produkts.
  • Mit der Diversifikationsstrategie werden neue Märkte mit neuen Produkten bearbeitet. Hierbei wird unterschieden zwischen horizontaler, vertikaler, konzentrischer und lateraler Diversifikation. Bei einer horizontalen Diversifikation bietet das Unternehmen neue Produkte an, die sich jedoch auf der gleichen Wertschöpfungsstufe befinden wie bisherige Produkte. Bei der vertikalen Diversifikation verlagert sich die Wertschöpfungsstufe (Vorwärts- oder Rückwärtsintegration). Bei einer konzentrischen Diversifikation betritt das Unternehmen zwar einen neuen Markt, kann aber auf Kernkompetenzen und Fähigkeiten zurückgreifen, mit denen es den bisherigen Markt bearbeitet hat. Bei einer lateralen Diversifikation erschliesst sich das Unternehmen einen völlig neuen Markt mit Produkten, die es bisher nicht angeboten hat.

Die vier Produkt-Markt-Strategien stellen strategische Stossrichtungen dar, die sich mit anderen Strategiearten kombinieren lassen. Die jeweilige Auswahl einer für die Realisierung der Unternehmensziele passenden Strategie bzw. Strategiekombination ist wiederum ein eigener Prozess im Rahmen des strategischen Managements.

Strategien BWL

Wettbewerbsstrategien

Die Wettbewerbsstrategien wurden von dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Michael E. Porter im Zusammenhang mit seiner Branchenstrukturanalyse entwickelt. Gegenstand der Wettbewerbsstrategien ist die Frage, wie ein Unternehmen in seiner jeweiligen Branche unter den in der Branche herrschenden Bedingungen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seiner Konkurrenz generieren kann. Porter unterscheidet hierbei drei mögliche Strategien:

Die Strategie der Kosten- bzw. Preisführerschaft zielt darauf ab, sich über Kosten- bzw. Preisvorteile von der Konkurrenz abzuheben. Durch Kostensenkungen soll der Preis der Produkte derart gesenkt werden, dass das Unternehmen den günstigsten Preis anbieten kann. Die Strategie der Kostenführerschaft bietet sich insbesondere bei Massen- und Standardprodukten an, die in einer so grossen Menge hergestellt werden, dass Skaleneffekte (Economies of Scale) entstehen, die zu niedrigeren Stückkosten führen. Eine weitere Möglichkeit, Kosten zu senken, besteht in einer effizienteren und schlankeren Unternehmensorganisation. Verfolgen mehrere Unternehmen einer Branche die Strategie der Kostenführerschaft, kann es zu Preiskämpfen und einem Verdrängungswettbewerb kommen, bei dem die Unternehmen versuchen, sich mit ihren Preisen zu unterbieten.


Mit einer Strategie der Leistungsführerschaft, auch Differenzierungsstrategie genannt, versucht das Unternehmen, Wettbewerbsvorteile über ein differenziertes Leistungsangebot zu erreichen. Hierbei soll im besten Fall eine Einzigartigkeit (Unique Selling Proposition) in den Augen der Kund:innen entstehen, sodass sich das Angebot des Unternehmens positiv und signifikant von Konkurrenzangeboten unterscheidet. Möglich ist eine Differenzierung etwa über das Design des Produktes, über die Bildung einer Marke, die bei der Zielgruppe populär ist, oder über zusätzliche Funktionen, die sich bei Konkurrenzprodukten nicht finden. Zwar sollten bei einer Differenzierungsstrategie auch die Kosten nicht ausser Acht gelassen werden, auf diesen liegt jedoch nicht das Hauptaugenmerk, da etwa bei Markenprodukten von einer hohen Loyalität und Bindung der Kund:innen ausgegangen werden kann, die dazu führt, dass die Kund:innen dem Produkt auch bei Preissteigerungen treu bleiben.


Die Strategie der Konzentration bzw. Fokussierung wird auch als Nischenstrategie bezeichnet, denn im Gegensatz zur Strategie der Kosten- oder Leistungsführerschaft wird hier nicht die gesamte Branche bearbeitet, sondern lediglich ein spezifisches Segment, eine Marktnische. Dies kann entweder eine klar umrissene Zielgruppe sein, ein geografisch eingegrenztes Gebiet oder nur ein bestimmter Ausschnitt aus dem Produktprogramm, etwa das Luxussegment. Auf diesem Marktsegment kann dann wieder entschieden werden, ob sich eher eine Kostenführerschaft oder eine Leistungsführerschaft eignet, um in der Nische einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz zu erzielen. Eine Nischenstrategie kann sich beispielsweise anbieten, wenn sich das Unternehmen in einer Branche zunächst im Kleinen versuchen möchte, bevor es die gesamte Branche bearbeitet.

Literatur

Für weiterführende Informationen zu Strategien, Arten von Strategien und zum strategischen Management empfehlen wir Ihnen die folgenden Quellen:

  • Bea, Franz Xaver & Haas, Jürgen (2019): Strategisches Management. 10., überarb. Aufl., Stuttgart: utb GmbH.
  • Hungenberg, Harald (2014): Strategisches Management in Unternehmen. 8., aktualisierte Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.
  • Porter, Michael E. (2013): Wettbewerbsstrategie. Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten. 12., erweiterte und aktualisierte Aufl., Frankfurt/New York: Campus.
  • Raps, Andreas (2017): Erfolgsfaktoren der Strategieimplementierung. 4. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.
  • Welge, Martin K.; Al-Laham, Andreas & Eulerich, Marc (2017): Strategisches Management. 7., überarbeitete und aktualisierte Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.

 

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