Das Zwei-Faktoren-Modell der Arbeitszufriedenheit und Motivation nach Herzberg

Herzbergs Modell erklärt, wie Hygienefaktoren und Motivatoren zusammenwirken, um Arbeitszufriedenheit zu schaffen und die Motivation von Mitarbeitenden nachhaltig zu steigern.

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Christiane & Fabian | 27.08.2024 | Lesedauer 4 min

Das Zwei-Faktoren-Modell der Arbeitszufriedenheit, entwickelt von Frederick Herzberg, ist eine zentrale Theorie der Arbeitspsychologie. Es teilt die Einflussfaktoren auf die Arbeitszufriedenheit in zwei Kategorien: Hygienefaktoren und Motivatoren. Diese Theorie ermöglicht es Unternehmen, Strategien zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit* und -motivation gezielt zu entwickeln.

Inhalt:

  • Einführung in das Herzberg-Modell
  • Hygienefaktoren
  • Motivationsfaktoren
  • Bipolare und Unipolare Konzeption
  • Praxisrelevanz

  

Grundlagen des Herzberg Modells

Das Zwei-Faktoren-Modell nach Herzberg gehört zu den Motivationstheorien und wird speziell als Anreiztheorie klassifiziert. Im Gegensatz zur Bedürfnispyramide nach Maslow, die zu den Bedürfnistheorien zählt, fokussiert Herzbergs Modell der Arbeitszufriedenheit auf extrinsische und intrinsische Anreize, die Unternehmen nutzen können, um die Arbeitszufriedenheit und Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeitenden zu steigern.

 

Die Grundlage des Modells bildet die Frage: Welche Aspekte der Arbeit wirken sich positiv oder negativ auf die Arbeitszufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden aus?

Herzberg identifizierte in seiner Pittsburgh-Studie verschiedene Einflussfaktoren, die er in zwei Kategorien unterteilte: Hygienefaktoren und Zufriedenheitsfaktoren (Motivatoren).

Hygiene- und Zufriedenheitsfaktoren

Hygienefaktoren und Zufriedenheitsfaktoren im Detail

Hygienefaktoren – extrinsische Faktoren

Hygienefaktoren nach Herzberg sind äussere Bedingungen, die sich auf die Arbeitsumgebung und -bedingungen beziehen. Sie werden als Kontextfaktoren bezeichnet.

Beispiele für Hygienefaktoren:

  • Gehalt und finanzielle Anreize
  • Gestaltung des Arbeitsplatzes und -umfeldes
  • Sicherheit des Arbeitsplatzes
  • Führungsstil der Vorgesetzten
  • Beziehungen zu Führungskräften

Wichtig zu verstehen ist: Hygienefaktoren nach Herzberg wirken präventiv. Ihr Fehlen oder eine unzureichende Ausprägung führt zu Unzufriedenheit. Ihr Vorhandensein verhindert zwar Unzufriedenheit, führt aber nicht zwangsläufig zu Zufriedenheit.

Zufriedenheitsfaktoren – Motivatoren, intrinsische Faktoren

Zufriedenheitsfaktoren bzw. Motivatoren nach Herzberg beziehen sich direkt auf die Inhalte und die Natur der Arbeitsaufgabe.

Beispiele für Zufriedenheitsfaktoren:

  • Persönliche Leistungen und Erfolge
  • Sinnvolle Arbeitsinhalte
  • Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten
  • Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten
  • Wertschätzung und Anerkennung durch Vorgesetzte
  • Partizipation und Verantwortung

Im Gegensatz zu den Hygienefaktoren führen vorhandene Zufriedenheitsfaktoren bzw. Motivatoren nach Herzberg direkt zu höherer Arbeitszufriedenheit und Motivation. Ihr Fehlen bewirkt nicht zwangsläufig Unzufriedenheit, sondern resultiert in einem neutralen Zustand der „Nicht-Zufriedenheit“.

Motivationsfaktoren

Arbeitszufriedenheit und Motivation nach Herzberg

Arbeitszufriedenheit und Motivation nach Herzberg beziehen sich immer auf das subjektive Empfinden von Individuen hinsichtlich ihrer Arbeitserfahrungen. Sie hängen sowohl von der Arbeitsumgebung (extrinsische Faktoren) als auch von den intrinsischen Faktoren der Arbeit ab.

Eine tabellarische Übersicht verdeutlicht die Unterschiede:

Kategorie Hygienefaktoren (extrinsisch) Motivatoren/Zufriedenheitsfaktoren (intrinsisch)
Beispiele Gehalt, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsbedingungen, Führungsstil Anerkennung, Verantwortung, Aufstiegsmöglichkeiten, persönliche Entwicklung
Vorhanden Keine Unzufriedenheit, aber auch nicht zwangsläufig Zufriedenheit Zufriedenheit und Motivation
Nicht vorhanden Unzufriedenheit Keine Zufriedenheit, aber auch nicht zwangsläufig Unzufriedenheit

 

Motivation nach Herzberg

Herzberg betont, dass Motivation nur durch intrinsische Faktoren erreicht werden kann. Extrinsische Faktoren dienen lediglich der Vermeidung von Unzufriedenheit. Die Motivatoren, wie Verantwortungsübernahme und Anerkennung, spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Motivation.

Intrinsische und extrinsische Motivation nach Herzberg

Intrinsische Motivation nach Herzberg entsteht durch die Arbeit selbst, beispielsweise durch Anerkennung und Sinnhaftigkeit der Tätigkeit. Extrinsische Motivation nach Herzberg wird durch äussere Faktoren wie Gehalt oder Arbeitsplatzsicherheit beeinflusst. Herzbergs Zwei-Faktoren-Modell zeigt auf, dass nur intrinsische Faktoren langfristig zu Arbeitszufriedenheit führen.

Bipolare und Unipolare Konzeption

Bipolare und Unipolare Konzeption von Arbeitszufriedenheit

  • Bipolare Konzeption: Dieses Modell geht davon aus, dass Arbeitszufriedenheit und -unzufriedenheit zwei gegensätzliche Enden eines Kontinuums sind. Faktoren, die Zufriedenheit fördern, verringern gleichzeitig Unzufriedenheit, und umgekehrt.
  • Unipolare Konzeption: In diesem Modell werden Zufriedenheit und Unzufriedenheit als unabhängige Dimensionen betrachtet. Ein Ereignis kann Zufriedenheit steigern, ohne die Unzufriedenheit zu beeinflussen, und umgekehrt.
Motivation nach Herzberg und ihre Auswirkungen
Abbildung 1: Bipolare und unipolare Konzeption von Arbeitszufriedenheit

 

Herzberg tendiert zur unipolaren Konzeption der Arbeitszufriedenheit. In seinem Modell sieht er Zufriedenheit und Unzufriedenheit als zwei unabhängige Dimensionen. Das bedeutet, dass die Faktoren, die Zufriedenheit fördern, nicht notwendigerweise die Unzufriedenheit verringern, und umgekehrt.

Praxisrelevanz

Wirtschaftswissenschaftliche Relevanz des Modells

Das Zwei-Faktoren-Modell gewinnt seine ökonomische Relevanz durch die Erkenntnis, dass Arbeitszufriedenheit und Arbeitsunzufriedenheit von unterschiedlichen Faktorengruppen beeinflusst werden. Für Unternehmen bedeutet dies:

  1. Extrinsische Hygienefaktoren (z. B. Gehalt) tragen nicht zur Arbeitszufriedenheit bei, sondern vermeiden lediglich Unzufriedenheit.
  2. Intrinsische Motivatoren (z. B. Wertschätzung, persönliche Weiterentwicklung) steigern die Arbeitszufriedenheit und Motivation.

Wichtig ist ein ganzheitlicher Ansatz: Zuerst müssen Hygienefaktoren optimiert werden, um Unzufriedenheit zu vermeiden. Anschliessend können Motivatoren die Zufriedenheit steigern.

Das Herzberg Modell
Hygienefaktoren und Motivatoren nach Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie (in Anlehnung an Herzberg, 1986)

Praktische Umsetzung

Für eine effektive Umsetzung des Modells sind Unternehmen auf den Input ihrer Mitarbeiter:innen angewiesen. Empfohlen werden:

  • Offene und konstruktive Gespräche über individuelle Erwartungen, Wünsche und Ziele
  • Regelmässige Analysen durch Mitarbeiterbefragungen*
  • Konkrete Massnahmen zur Optimierung von Hygiene- und Zufriedenheitsfaktoren

  

Kritik am Herzberg Modell

Trotz seiner Bedeutung gibt es einige Kritikpunkte am Zwei-Faktoren-Modell:

  1. Die Gleichsetzung von Arbeitszufriedenheit und Motivation ist in der Praxis nicht immer bestätigt.
  2. Die strikte Trennung, dass nur Motivatoren zu Zufriedenheit und nur Hygienefaktoren zu Unzufriedenheit führen, wird als zu einseitig kritisiert.
  3. Das Modell berücksichtigt keine individuellen Unterschiede zwischen Menschen.

Daher sollte das Zwei-Faktoren-Modell nicht als einziges Modell zur Optimierung von Arbeitszufriedenheit und Motivation herangezogen werden.

 

Fazit

Das Zwei-Faktoren-Modell nach Herzberg bietet wertvolle Einblicke in die Entstehung von Arbeitszufriedenheit und Motivation. Es unterstreicht die Bedeutung sowohl extrinsischer als auch intrinsischer Faktoren für ein positives Arbeitsumfeld. Unternehmen können diese Erkenntnisse nutzen, um gezielte Strategien zur Mitarbeitermotivation* zu entwickeln und umzusetzen.

Für ein umfassendes Verständnis und eine effektive Anwendung in der Praxis empfiehlt es sich, das Modell in Kombination mit anderen Motivations- und Anreiztheorien zu betrachten und individuelle Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen zu berücksichtigen.

Historischer Kontext

Die Entstehung des Herzberg Modells

Frederick Herzberg entwickelte sein Zwei-Faktoren-Modell in den späten 1950er-Jahren, einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs und gesellschaftlichen Wandels. 1959 veröffentlichte er seine bahnbrechende Studie „The Motivation to Work“. In einer Ära, in der die Arbeitswelt noch stark von tayloristischen Prinzipien und einem eher mechanistischen Menschenbild geprägt war, setzte Herzbergs Ansatz neue Massstäbe. Er erkannte, dass Mitarbeiter:innen mehr als nur finanzielle Anreize benötigen, um wirklich zufrieden und motiviert zu sein. Dies war revolutionär in einer Zeit, in der viele Unternehmen noch davon ausgingen, dass höhere Löhne automatisch zu höherer Produktivität führen würden. Herzbergs Modell läutete einen Paradigmenwechsel ein, der den Weg für ein humaneres Verständnis von Arbeit und Motivation ebnete und die Grundlage für moderne Konzepte des Personalmanagements schuf.

 

Frederick Herzberg
Case Western Reserve University Archives
Herzberg Modell

Literaturempfehlungen

Für tiefergehende und weiterführende Informationen rund um das Thema Arbeitszufriedenheit und das Zwei-Faktoren-Modell nach Herzberg können wir Ihnen unter anderem die folgenden Quellen empfehlen:

  • Ferreira, Yvonne & Kauffeld, Simone (2019): Arbeitszufriedenheit. Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag.
  • Herzberg, Frederick; Mausner, Bernard & Snyderman, Barbara Bloch (2010): The motivation to work. 12. Auflage. New Brunswick (USA), London (UK): Transaction Publishers.
  • Keller, Tobias (2022): Management von Verhalten in Organisationen. München, Wien: De Gruyter Oldenbourg.
  • Nerdinger, Friedemann W.; Blickle, Gerhard & Schaper, Niclas (2019): Arbeits- und Organisationspsychologie. 4. Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer.
  • Schäfer, Norbert (2020): Organisationspsychologie für die Praxis. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin: Duncker & Humblot.
  • Wiswede, Günter (2021): Einführung in die Wirtschaftspsychologie. 6. Auflage. Stuttgart: utb GmbH.

Abbildungen 1 und 2 via arbeitszufriedenheit.net

Herzberg Modell FAQ

Was sind Hygienefaktoren nach Herzberg?

Hygienefaktoren nach Herzberg sind äussere Bedingungen, die das Arbeitsumfeld betreffen, wie Gehalt, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsbedingungen und der Führungsstil der Vorgesetzten. Ihr Vorhandensein verhindert Unzufriedenheit, führt jedoch nicht zwangsläufig zu Zufriedenheit.

 

Was besagt die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg?

Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg besagt, dass die Arbeitszufriedenheit von zwei verschiedenen Faktoren beeinflusst wird: Hygienefaktoren, die Unzufriedenheit verhindern, und Motivatoren, die zur Zufriedenheit und Motivation beitragen. Beide Faktoren wirken unabhängig voneinander.

Was ist das Herzberg Modell?

Das Herzberg Modell, auch bekannt als Zwei-Faktoren-Theorie, ist eine Motivationstheorie, die erklärt, wie Hygienefaktoren und Motivatoren die Arbeitszufriedenheit beeinflussen. Hygienefaktoren verhindern Unzufriedenheit, während Motivatoren die Zufriedenheit und Motivation steigern.

*Disclaimer

Für ein besseres Internet gendern wir. Wir sind überzeugt, dass nicht eine Beidnennenung, sondern die Inklusion aller in unsere Sprache nötig ist, um eine Umwelt für alle zu schaffen. Trotzdem lesen Sie hier die Worte «Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeiterbefragungen und Mitarbeitermotivation» – denn Google würde bei Mitarbeiter:innenzufriedenheit durch den Doppelpunkt die Verknüpfung zwischen Mitarbeitenden und Zufriedenheit nicht erkennen, wodurch das Keyword verloren gehen würde. Wir haben stets ein Auge auf aktuelle Entwicklungen und werden unsere Texte und Schreiben stets anpassen, sollten sich Googles Fähigkeit ändern.