Indizes – Indexbildung als Methode der Datenreduktion

Mittelwertindex, additiver Index und multiplikativer Index mit Beispielen.
Redaktion | 22.04.2022 | Lesedauer 4 min

In einem Fragebogen werden häufig Instrumente verwendet, deren Einzelitems in enger inhaltlicher Beziehung miteinander stehen. Gerade vielfach getestete und etablierte Messinstrumente, die für das eigene Projekt übernommen werden, beinhalten solche zusammengehörigen Konstrukte oder Dimensionen. Um mit diesen Einzelitems weitere Berechnungen und statistische Tests anzustellen, müssen sie zuvor meist zu einem Index zusammengefasst werden. Ziel ist also eine Datenreduktion: Mehrere Variablen werden zu einer neuen „komprimiert“. In diesem Artikel werden Anlässe und Methoden der Index-Berechnung vorgestellt.

 


Anlässe zur Indexbildung

Indizes aggregieren mehrere Einzelvariablen zu einer einzigen neuen Indexvariable. Hierfür müssen dichotome, ordinale oder metrische Skalenausprägungen vorliegen, da nur aus geordneten Ausprägungen ein sinnvoller, zusammenfassender Index gebildet werden kann. Eine solche Zusammenfassung von Items oder Indikatoren muss aber theoretisch und bestenfalls auch empirisch begründet sein.
Index-Berechnungen sind sowohl auf individueller Personenebene als auch auf der Aggregatebene denkbar (z. B. von Ländern). Will man beispielsweise die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes erfassen, könnte man verschiedene Indikatoren zu einem Index zusammenfassen. Konkret könnte man auf Basis theoretischer Überlegungen zu dem Schluss kommen, Daten zum Wirtschaftswachstum mit dem Bruttoinlandsprodukt und der Quote der Erwerbstätigen zu einem Index zu kombinieren. Vor der Aggregierung müssen die Skalen jedoch stets vereinheitlicht werden (z. B. auf eine gemeinsame Masseinheit oder als prozentualer Anteil am Maximalwert).
Beispiele auf der individuellen Ebene sind ebenfalls zahlreich. Ein alltäglicher Index ist die Durchschnittsnote des Abiturs, die aus zahlreichen Einzelindikatoren (Noten) der Schulfächer berechnet wird. Der Deutsche Aktienindex trägt seine Eigenschaft als Index bereits im Namen. Auch in diesen Fällen wird angenommen, dass die einzelnen Indikatoren (Schulnoten in verschiedenen Fächern oder Aktienkurse von Unternehmen) miteinander zusammenhängen.
Möchte man eine Reihe eigens entwickelter Items oder Indikatoren zu Indizes zusammenfassen, ist zunächst der Nachweis eines Zusammenhangs, der internen Konsistenz, zu erbringen. Hierfür verwendet man als Kennwert häufig Cronbachs Alpha. Ein Wert α ≥ 0,7 wird regelmässig als Schwellwert zur Rechtfertigung einer Indexbildung genannt, ist aber nicht einheitlich festgelegt. Ein hoher Wert sagt aus, dass die Einzelitems untereinander in die gleiche Richtung korrelieren. Besteht Unsicherheit darüber, ob eine Serie von Items zu einem Konstrukt oder mehreren Teilkonstrukten zusammengefasst werden kann, kann zuvor eine (explorative) Faktorenanalyse die nötigen Informationen bereitstellen.
In Umfrageprojekten könnten z. B. die Persönlichkeitsmerkmale einer Person erhoben werden. Zur Messung der bekannten Big Five (Offenheit, Verträglichkeit, Extraversion, Verträglichkeit, Neurotizismus) steht u. a. das BFI-10-Instrumentarium zur Verfügung. Dabei werden die fünf Merkmale (Konstrukte bzw. Dimensionen) durch jeweils zwei Items repräsentiert, die auf einer Antwortskala von „trifft überhaupt nicht zu“ (1) bis „trifft voll und ganz zu“ (5) beantwortet werden.
Entscheidend für die Zusammenfassung der zu einem Persönlichkeitsmerkmal gehörenden Items ist auch hier die Annahme, dass die Einzelitems in enger Beziehung miteinander stehen, also eine hohe interne Konsistenz aufweisen. Verwendet man etablierte Skalen wie z. B. das BFI-10-Instrumentarium, wurde der entsprechende Nachweis bereits durch Studien erbracht. Als Beispiel dienen nachfolgend zwei Items, die der Dimension Neurotizismus angehören. An den Itemformulierungen ist zu erkennen, dass sie auf den gleichen Inhalt zielen.
Auch hier wird vor der Indexbildung eine Form der Standardisierung nötig, da die inhaltliche Richtung der Aussagen in entgegengesetzter Richtung verläuft. Im konkreten Fall werden die Antwortausprägungen der negativen Polung (-) umgekehrt bzw. rekodiert.

Dimension Neurotizismus
Ich bin entspannt, lasse mich durch Stress nicht aus der Ruhe bringen. (-) Ich werde leicht nervös und unsicher. (+)
Gemeinsame Antwortausprägungen:

„trifft überhaupt nicht zu“ (1) bis „trifft voll und ganz zu“ (5)

Mittelwertindex, additiver Index, multiplikativer Index

Verwendet man ein wissenschaftlich etabliertes Instrument, so enthält die Literatur Hinweise zur Form der Indexbildung. Im Falle des genannten Persönlichkeitsmerkmals Neurotizismus wird ein Mittelwertindex berechnet.


Mittelwertindex

Wie der Name bereits vermuten lässt, wird dabei schlicht ein Mittelwert der Ausprägungen der Einzelindikatoren berechnet. Der Index kann folglich weiterhin Werte im Bereich der ursprünglichen Items annehmen, im vorliegenden Fall 1 bis 5.

Person Item A Item B Mittelwertindex
A 1 1 1,0
B 3 1 2,0
C 2 3 2,5
D 1 3 2,0
E 4 3 3,5
F 3 4 3,5
G 1 3 2,0
H 3 1 2,0
I 5 3 4,0
J 3 1 2,0

 


Additiver Index

Eine weitere verbreitete Form der Aggregierung ist der additive IndexDabei werden die Werte der Einzelindikatoren aufaddiert. In diesem Fall entspricht der mögliche Wertebereich nicht mehr den ursprünglichen Items. Vielmehr reicht die Spannweite des Index nun von der Summe der geringstmöglichen Antwortausprägungen bis hin zur Summe der höchstmöglichen Antwortausprägungen (hier 2 bis 10). Die additive Indexbildung verfügt über die Eigenschaft, dass sich gleichgewichtige Indikatoren gegenseitig kompensieren können.

Person Item A Item B Additiver Index
A 1 1 2,0
B 3 1 4,0
C 2 3 5,0
D 1 3 4,0
E 4 3 7,0
F 3 4 7,0
G 1 3 4,0
H 3 1 4,0
I 5 3 8,0
J 3 1 4,0

 


Multiplikativer Index

Beim multiplikativen Index werden die Werte der Einzelindikatoren multipliziert. Der resultierende Wertebereich ergibt sich dann aus der Multiplikation der geringmöglichen Werte mit den höchstmöglichen Werten (hier 1 bis 25). Inhaltlich macht die Berechnung eines multiplikativen Index dann Sinn, wenn sich Indikatoren gegenseitig nicht kompensieren lassen sollen. Verfügt ein Indikator über den Wert 0, so kann dieser bei einer Multiplikation durch einen noch so hohen Wert nicht aufgefangen werden, weil der multiplikative Index stets den Wert 0 annimmt.

Person Item A Item B Multiplikativer Index
A 1 1 1,0
B 3 1 3,0
C 2 3 6,0
D 1 3 3,0
E 4 3 12,0
F 3 4 12,0
G 1 3 3,0
H 3 1 3,0
I 5 3 15,0
J 3 1 3,0

Indizes können zudem weiter modifiziert werden, indem man einzelne Werte höher oder niedriger gewichtet. So könnte beim Abitur-Notendurchschnitt ein Schwerpunkt auf die naturwissenschaftlichen Fächer gelegt werden, sodass die einzelnen Noten in Mathematik, Physik, Biologie und Chemie vor der Indexbildung höher gewichtet werden. Daraus resultiert ein gewichteter Wert, der z. B. im Hinblick auf die Eignung für einen bestimmten Studiengang aussagekräftiger sein kann als der herkömmliche Abiturschnitt.
Voraussetzung für die Berechnung jeglicher Indizes ist zuletzt der angemessene Umgang mit fehlenden Werten im Datensatz. Sind bei der Indexbildung noch numerische Werte enthalten, die mithilfe des Statistikprogramms nicht als fehlend markiert wurden, resultieren fehlerhafte Indexwerte.


Weiterführende Literatur:

Baur, N., Blasius, J. (Hrsg.) (2014). Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung. Wiesbaden: Springer VS.
Döring, N., Bortz, J. (2016). Forschungsmethoden und Evaluation. Wiesbaden: Springer.
Schecker, H. (2014). Überprüfung der Konsistenz von Itemgruppen mit Cronbachs α. In: Krüger, D., Parchmann, I., Schecker, H. (Hrsg.): Methoden in der naturwissenschaftsdidaktischen Forschung. Berlin, Heidelberg: Springer.