Beschäftigt man sich für die Seminararbeiten oder Abschlussarbeit mit dem Studiendesign einer empirischen Untersuchung, stösst man auf die Begriffe der Querschnittsanalyse und Längsschnittanalyse. Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen gehen auf die Häufigkeit der Messungen im Verhältnis zur untersuchten Stichprobe zurück. Der nachfolgende Beitrag klärt über die wichtigsten Eigenschaften der Untersuchungsdesigns auf und bietet eine Entscheidungshilfe für die eigene Arbeit.
Querschnittsanalysen
Eine Querschnittsstudie zeichnet sich dadurch aus, dass Messungen an einer Stichprobe nur zu einem einzigen Zeitpunkt erfolgen. Interessiert man sich für bestimmte Meinungen, könnte man eine Querschnittsuntersuchung auch als Momentaufnahme oder „Screenshot“ dieser Meinungen bezeichnen. Da die Datenerhebung nur zu einem Zeitpunkt stattfindet, stehen ihre Ergebnisse schneller für die Analysen zur Verfügung. Damit ist eine Querschnittsuntersuchung auch weniger zeit- und arbeitsintensiv als ein Projekt mit Wiederholungsbefragungen.
Bei einer Querschnittserhebung müssen im Vergleich zu einer Längsschnittanalyse allerdings Abstriche hinsichtlich kausaler Schlüsse gemacht werden. Da es sich nur um eine Momentaufnahme handelt, können zeitliche Verläufe für einzelne Personen nicht eindeutig nachgezeichnet werden. Damit ist z. B. nicht zu klären, ob eine Ursache X für die Beobachtung Y verantwortlich ist, da nicht eindeutig ist, ob X zeitlich vor Y lag. Anhand theoretischer Bezüge und Begründungen kann ein kausaler Schluss häufig aber zumindest nahegelegt werden.
Ein Sonderfall der Querschnittsstudie ist die Trendstudie. Dabei werden die gleichen Daten zu mehreren Zeitpunkten an unterschiedlichen Stichproben erhoben. Individuelle zeitliche Veränderungen lassen sich zwar auch mit einer Trendstudie nicht nachzeichnen, allerdings können zeitliche Veränderungen auf der Aggregatebene nachvollzogen werden.
Bekannte Beispiele für Trendstudien sind die Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) oder (in kleinerem Massstab) die regelmässig gestellte Sonntagsfrage: „Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, welche der folgenden Parteien würden Sie dann wählen?“ Damit lassen sich Änderungen der Parteipräferenz zwar nicht auf Personenebene beobachten, allerdings kann man Anteile berechnen, die auf eine bestimmte Partei fallen und sich im Zeitverlauf ändern. Querschnittsanalysen sind auch bei studentischen Arbeiten weitaus praktikabler und deshalb häufiger als Längsschnittanalysen.
Längsschnittanalysen
Bei Längsschnittuntersuchungen werden Daten zu mindestens zwei Zeitpunkten (Befragungswellen) an derselben Stichprobe gemessen. Meinungen und Daten, die mithilfe von Längsschnittuntersuchungen erfasst werden, können damit für jede Person in der Stichprobe im Zeitverlauf nachvollzogen werden. Betrachtet man eine Querschnittsuntersuchung also als „Screenshot“ oder Momentaufnahme von Daten, so kann man sich eine Längsschnittuntersuchung als Serie von Momentaufnahmen oder Bewegtbild vorstellen.
Der Vorteil der Längsschnittuntersuchung liegt also in der verbesserten Darstellbarkeit von zeitlichen Veränderungen auf Personenebene. Daraus folgt auch, dass kausale Schlüsse im Vergleich zu Querschnittsanalysen mit grösserer Sicherheit gezogen werden können. Konkret kann nachvollzogen werden, ob eine Messung X zeitlich vor der Beobachtung Y lag und damit als ursächlich für Y betrachtet werden kann.
Die Nachvollziehbarkeit von individuellen Wandlungsprozessen muss bei einer Längsschnittanalyse jedoch mit einem höheren finanziellen und personellen Aufwand bezahlt werden. Personen aus einer Erstbefragung müssen sich grundsätzlich zu weiteren Anschlussbefragungen bereit erklären. Aber auch bei vorhandenem Einverständnis kostet es einige Mühe, dieselben Personen erneut zu erreichen. Üblicherweise ist ein gewisser Anteil der Personen aus der Erstbefragung für weitere Befragungen nicht mehr zu erreichen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von der „Panelmortalität“. Grosse Längsschnittumfragen müssen die Stichprobe daher teils wieder „auffüllen“.
Würde die o. g. Sonntagsfrage also in eine Längsschnittuntersuchung integriert, so lassen sich nun nicht mehr nur aggregierte Veränderungen der Parteipräferenzen nachvollziehen, sondern auch individuelle Wechsel der Parteipräferenz. Eine bekannte Längsschnitt- bzw. Panelstudie ist das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Diese Studie an denselben Personen und Haushalten wird jährlich und bereits seit dem Jahr 1984 durchgeführt. Sollen Längsschnittdaten für eine studentische Arbeit verwendet werden, so ist die Verwendung solcher Sekundärdaten deutlich praktikabler als die Durchführung einer eigenen Längsschnittuntersuchung.
Im Übrigen können Längsschnittdaten in einem Datensatz unterschiedlich organisiert sein. Vom Wide-Format spricht man, wenn die Befragungszeitpunkte in Spalten organisiert sind und ein entsprechend breiterer Datensatz vorliegt. Um das Long-Format handelt es sich dagegen, wenn die Daten der Befragungswellen zeilenweise an den Datensatz angehängt sind. Welches Format benötigt wird, hängt vom verwendeten Statistikprogramm ab. So kann ein Datensatz in das jeweils andere Format umstrukturiert werden.
Zusammenfassung
Querschnittsanalysen und Längsschnittanalysen
Nachfolgend werden die Vorteile von Querschnittsanalysen und Längsschnittanalysen noch einmal prägnant zusammengefasst. Zu beachten ist ausserdem, dass die Unterscheidung zwischen Querschnittsdaten und Längsschnittdaten Konsequenzen für die Wahl der statistischen Methoden hat. So kann ein Längsschnittdatensatz zwar grundsätzlich mit den Methoden der Querschnittsanalyse untersucht werden, allerdings muss dann ein Informationsverlust in Kauf genommen werden. Will man das Potenzial von Längsschnittanalysen ausschöpfen, so sind spezielle Methoden wie bspw. Fixed- und Random-Effects-Modelle oder Pfadanalysen anzuwenden (siehe weiterführende Literatur).
Vorteile Querschnittsdaten |
Vorteile Längsschnittdaten |
– Schnellere Verfügbarkeit der Ergebnisse | – Nachvollziehbarkeit individueller zeitlicher Veränderungen |
– Geringere Zeit- und Arbeitsintensität, Realisierbarkeit im studentischen Kontext | – Identifizierbarkeit kausaler Beziehungen |
– Möglichkeit der erneuten Stichprobenziehung bei Trendstudien (keine Panelmortalität) | – Möglichkeit der langfristigen Beobachtung von Indikatoren auf Personenebene |
– Keine Beeinflussung der Teilnehmenden bzw. Lerneffekte durch Wiederholungsbefragung (Paneleffekt) |
Weiterführende Literatur:
- Albers, S., Klapper, D., Konradt, U., Walter, A., Wolf, J. (Hrsg.) (2009). Methodik der empirischen Forschung. Wiesbaden: Springer.
- Schnell, R. (2019). Survey-Interviews. Wiesbaden: Springer Fachmedien.
- Wolf, C., Best, H. (Hrsg.) (2010). Handbuch der sozialwissenschaftlichen Datenanalyse. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.